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Aktuelle Studien

Immer weitere Studien zeigen, dass winzige Kunststoffteilchen mittlerweile buchstäblich die hintersten Winkel unseres Planeten erreicht haben – und uns auch in unserem Alltag ständig umgeben.
Flüsse
Logo Universität BayreuthVon einer „zivilisatorischen Grundlast von Kunststoffpartikeln in den Gewässern“ spricht Prof. Dr. Christian Laforsch von der Universität Bayreuth. Eine Forschergruppe hatte unter seiner Leitung von 2014 bis 2017 Wasserproben an 22 Flüssen mit Schwerpunkt im Einzugsgebiet von Rhein und Donau entnommen und analysiert. Das Forscherteam wies (Mikro)Plastik an allen Probestellen nach. Die Untersuchung in mehreren Bundesländern wurde mit einem eigens entwickelten „Mini-Manta“-Trawl durchgeführt, der unterhalb seiner Maschenweite von 300 Mikrometern nur eine semiquantitative Erhebung erlaubt. Dennoch lagen fast zwei Drittel der eindeutig als Kunststoffpartikel identifizierten Teilchen im kleinsten Größenbereich. Die Untergrenze der Identifikation mittels FTIR-Spektroskopie lag bei 20µ. Es sei viel weitere Forschung nötig, „um die Herkunft, die zeitweilige Ablagerung und den dauerhaften Verbleib von Mikroplastik in Gewässern genau zu verstehen“, so der Bayreuther Wissenschaftler anlässlich der Vorstellung der Studie. Höhere Belastungen wurden vor allem in kleineren und mittleren Nebengewässern, wo der Abwasseranteil höher ist, nachgewiesen. Mikroplastik-Länderbericht (pdf) – veröffentlicht 2018
Gebirge
Matterhorn in der SchweizForscher des Geographischen Instituts der Universität Bern haben mittels einer neuen Methode zum ersten Mal in der ganzen Schweiz von Genf bis Graubünden 29 Auenböden untersucht. Die zugehörigen Einzugsgebiete decken 53% der Schweiz ab. Sogar in den Proben vieler abgelegener Berggebiete wurden Mikrokunststoff-Partikel nachgewiesen – ein Indiz dafür, dass Mikroplastik über die Luft transportiert und somit unkontrollierbar verbreitet wird. Pressemitteilung der Universität Bern – veröffentlicht 2018
Leitungswasser
Symbolbild LeitungswasserEine Untersuchung des gemeinnützigen US-amerikanischen Journalisten-Netzwerks „OrbMedia“ zu Kunststoffen in Leitungswasser sorgte 2017 für Wirbel. Wissenschaftler beprobten weltweit Leitungswasser und untersuchten es auf Spuren von Plastikfasern. 83% der 159 Proben à 500ml erwiesen sich als belastet, mit regionalen Werten von von 72% (Europa) bis 94% (USA, Beirut). Die Größe der identifizierten Fasern ging hinunter bis auf 2,5 Mikrometer. Die Tendenz von Mikroplastikpartikeln, sich mich Schadstoffen anzureichern, war bereits früher von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg nachgewiesen worden. Während Medien die Untersuchung mit großen Schlagzeilen aufgriffen, stellte das Umweltbundesamt (UBA) die Methode der Studie in Frage. Mikroplastikverunreinigungen können demnach auch leicht während der Untersuchung über die Luft in die Probe gelangt sein. Die Reinigungswirkung der Bodenschichten lasse die Resultate laut UBA nicht besonders plausibel erscheinen. Auch die nachgewiesene absolute Zahl an Fasern ist mit 1,9 (Europa) bis 4,8 (USA) eher gering. Studie von OrbMedia – veröffentlicht 2017
Mahlzeiten
Symbolbild gedeckter EssenstischWir nehmen pro Mahlzeit über 100 winzige Kunststoffteilchen auf. Dies rechnen Forscher der Universität Edinburgh hoch. Sie stellten Petrischalen mit einer klebrigen Oberfläche während der Mahlzeiten auf den Esstischen in drei Haushalten auf. Im Anschluss an die etwa 20minütigen Mahlzeiten untersuchten die Wissenschaftler die Schalen, die über die Luft und Staubpartikel Plastikteilchen aufgenommen hatten. Umgerechnet auf einen durchschnittlich großen Teller kamen sie auf bis zu 114 Plastikpartikel. Dies ergibt 68.415 potentiell gefährliche Teilchen pro Jahr. Als mögliche Quelle verwiesen die Forscher auf Polstermöbel und synthetisches Gewebe, etwa aus Teppichen oder Kleidung. Neben dem Verzehr von Mahlzeiten können die Plastikpartikel auch durch Einatmen aufgenommen werden. Mitteilung der Heriot Watt Universität Edinburgh – veröffentlicht 2018
Menschlicher Stuhl

Symbolbild ToiletteIn einer Pilotstudie des österreichischen Umweltbundesamts und der Medizinischen Universität Wien wurde erstmals Mikroplastik im menschlichen Stuhl entdeckt – und zwar bei allen der acht internationalen Probanden. Im Mittel wiesen die Forscher 20 Mikroplastik-Teilchen pro 10 Gramm Stuhl nach. „In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen“, so Bettina Liebmann, Expertin für Mikroplastik-Analysen im Umweltbundesamt. Am häufigsten tauchten PP (Polypropylen) und PET (Polyethylenterephthalat) in den Proben auf. 

„Obwohl es erste Anzeichen gibt, dass Mikroplastik durch die Begünstigung von Entzündungsreaktionen oder Aufnahme schädigender Begleitstoffe den Magendarmtrakt schädigen kann, sind jedenfalls weitere Studien notwendig, um potenzielle Gefahren von Mikroplastik für den Menschen abzuschätzen“, hält Erstautor Schwabl fest. Die Ergebnisse stellen die Grundlage für weitere Untersuchungen in größerem Umfang dar.

Pressemitteilung des österreichischen Umweltbundesamts – veröffentlicht 2018

Naturschutzgebiete
Seealpsee in der SchweizForscher des Geographischen Instituts der Universität Bern haben mittels einer neuen Methode zum ersten Mal in der ganzen Schweiz von Genf bis Graubünden 29 Auenböden untersucht. „Obwohl die Standorte in Naturschutzgebieten liegen, wurden in 90 Prozent der Böden Mikroplastik gefunden“, sagt Moritz Bigalke, einer der beteiligten Wissenschaftler. Sein Co-Autor Michael Scheurer stuft die Befunde als „alarmierend“ ein. Neue Untersuchungen deuteten darauf hin, dass Mikroplastik im Boden Regenwürmer töten könne – mit möglichen negativen Folgen für die Bodenfruchtbarkeit. Die höchsten Konzentrationen von Mikroplastik traten zusammen mit größerem Plastikmüll im Boden auf. Hier entsteht Mikroplastik auch ohne den Einfluss von Salzwasser vermutlich durch die Zerkleinerung größerer Teile. Darüber hinaus konnte die Studie einen Zusammenhang zwischen der Bevölkerung im Einzugsgebiet des Auenflusses und der Mikroplastik-Konzentration nachweisen: Je mehr Personen im Einzugsgebiet Gebiet leben, desto stärker belastet sind die Böden. Die Forscher rechneten die Gesamtmenge Mikroplastik in den obersten 5 cm der Schweizer Auenböden auf 53 Tonnen hoch. Es ist eine der ersten Forschungen über das Vorkommen von Mikroplastik in Böden überhaupt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die gemessenen Mikroplastikkonzentrationen in den Auen erheblich geringer sind als etwa in landwirtschaftlich genutzten Böden. Pressemitteilung der Universität Bern – veröffentlicht 2018
Polarmeer
Symbolbild PolarmeerForscher des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), haben im arktischen Meereis mehr Mikroplastik als je zuvor gefunden. Aus den Jahren 2014 und 2015 stammende Eisproben aus fünf verschiedenen Gebieten des Arktischen Ozeans wiesen teilweise eine Konzentration von mehr als 12.000 Mikroplastik-Teilchen pro Liter Meereis auf. Etwa zwei Drittel der Partikel fielen in die kleinste Kategorie der Untersuchung, 50 Mikrometer und darunter. Dabei waren die Plastik-Überreste so charakteristisch im Eis verteilt, dass die Wissenschaftler ihre Spuren zurückverfolgen konnten: Zum einen bis zum großen Müllstrudel im Pazifischen Ozean, zum anderen deutet der hohe Anteil von Lack- und Nylonpartikeln auf den stetig zunehmenden Schiffsverkehr und Fischfang im Arktischen Ozean. Neben globalen Quellen spielt also auch lokale Verschmutzung eine Rolle. „Wir haben bei unserer Untersuchung festgestellt, dass mehr als die Hälfte der im Eis eingeschlossenen Mikroplastik-Teilchen kleiner als ein Zwanzigstel Millimeter waren und damit problemlos von arktischen Kleinstlebewesen wie Wimperntierchen, aber auch Ruderfußkrebsen gefressen werden können“, sagt AWI-Biologin Dr. Ilka Peeken und stuft den Befund als „wirklich beunruhigend“ ein. Die Eisschollen transportieren somit eine große Zahl an Mikroplastik-Teilchen (zurück) nach Süden, etwa vor die Nordostküste Grönlands. Der weitere Weg des Kunststoffs ist bisher noch nicht bekannt. Messungen im AWI-Tiefseeobservatorium HAUSGARTEN in der Framstraße lassen vermuten, dass viele Teilchen rasch in die Tiefe absinken. Pressemitteilung des AWI – veröffentlicht 2018
Salz
Salinen zur Gewinnung von MeersalzDie NDR-Sendung „Markt“ ließ am Institut für Biologie und Chemie des Meeres an der Universität Oldenburg verschiedene Proben von herkömmlichem Meersalz und Fleur de Sel analysieren. Alle untersuchten Proben wiesen dabei Kunststoffrückstände auf, wobei in Fleur de Sel deutlich höhere Werte gefunden wurde als in Meersalz. Dr. Barbara Scholz-Böttcher vom untersuchenden Institut für Chemie und Biologie des Meeres sieht als Ursache die Verschmutzung der Meere: „Plastik im Salz ist eine Konsequenz aus der jahrzehntelangen, leichtfertigen Entsorgung von Kunststoff. Insgesamt hält diese Entwicklung der Gesellschaft den Spiegel vor. Der Plastikmüll landet in einem sehr hochwertigen Produkt jetzt wieder auf dem Essteller.“ Bericht der NDR-Sendung „Markt“ – veröffentlicht 2018
Mineralwasser

Symbolbild WasserflascheDas Projekt „Mikroplastik in Lebensmitteln, Futtermitteln und Kosmetika“ des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe (CVUA-MEL) in Kooperation mit der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster untersucht seit Ende 2015 Mikroplastik mit Schwerpunkt Lebensmittel und Kosmetika. Das Forscherteam wies in einer Studie Mikroplastik-Partikel in allen untersuchten Proben nach. Genutzt wurde die sogenannte Raman-Mikrospektroskopie, die bisher als einzige Methode bis zu einem Größenbereich von 5-20 µm vordringen kann.

Untersucht wurden 38 Mineralwässer in Einweg- und Mehrweg-PET-Flaschen, in Glasflaschen und in Getränkepackungen. In allen Verpackungsarten wurden Mikroplastikpartikel im kleinen (50-500 µm) und sehr kleinen (1-50 µm) Größenbereich gefunden, davon etwa 80 % in der kleinsten Kategorie von 5-20 µm.

Besonders belastet waren die Mineralwässer aus PET-Mehrwegflaschen. Die Forscher schließen daraus, dass „Kunststoffverpackungen ebenfalls Mikroplastikpartikel emittieren können, die direkt vom Verbraucher aufgenommen werden“. Überraschend war der hohe Mikroplastikgehalt einiger Glasflaschen, mit z.T. großen Schwankungen innerhalb einer Sorte.

Studie des CVUA-MEL – veröffentlicht 2018

Auch die Journalismus-Organisation „Orb Media“ mit Sitz in Washington D.C. hat zusammen mit der State University of New York eine Studie mit mehr als 250 Wasserflaschen führender Wassermarken durchgeführt. Die Plastikflaschen stammten aus 19 unterschiedlichen Standorten von fünf Kontinenten.

Im Ergebnis wurden in 93% der analysierten Proben Plastikrückstände nachgewiesen. Wiederum nahm die Zahl gefundener Partikeln mit abnehmender Partikelgröße dramatisch zu.

Untersuchungsbericht von Orb Media – veröffentlicht 2018

Auch in deutschem Bier hatte eine Untersuchung bereits Kunststoffpartikel nachgewiesen.

Tiefseeorganismen
Symbolbild TiefseeAuch in Tiefseegräben wurde die Verunreinigung durch Plastik bereits nachgewiesen. Wissenschaftler der Universität Newcastle untersuchten Tiere aus sechs der tiefsten Orte des Pazifischen Ozeans von Japan bis Chile und fanden in fast allen der 90 Proben Kunststoffe. Die untersuchten Krebstiere aus dem Mariannengraben mit fast 11.000m Tiefe enthielten sogar allesamt Kunststoffe verschiedenen Ursprungs auf, beispielsweise Fasern. Leiter Dr. Alan Jamieson überraschten die Resultate nicht: “Im Meer entsorgter Müll wird letztendlich entweder zurück an die Küste gespült oder er sinkt in die Tiefsee, es gibt keine weiteren Möglichkeiten.“ Die Ökosysteme der Tiefsee sind dabei so wenig erforscht, dass keine Vergleichsdaten aus der Zeit vor der Plastikverschmutzung existieren. Jamieson rechnet damit, dass es mittlerweile keine marinen Ökosysteme ohne Belastung durch Kunststoffteilchen mehr gebe. Für eine Tiefe von 300 – 1800m war Kunststoff bereits zuvor in Sedimentproben nachgewiesen worden. Darauf folgende Untersuchungen der Organismen, die dort auf dem Boden leben und ihrer Fressfeinde bestätigten das Vorhandensein von Mikrofasern auch in Tieren wie Korallen, Springkrebsen oder Seegurken. In der Tiefsee leben laut Jamieson hochspezialisierte Lebewesen, die an eine nahrungsarme Umgebung angepasst sind. Diese essen oftmals alles, was von der Oberfläche herabsinkt. Pressemitteilung der Newcastle University – veröffentlicht 2017